TTIP des Tages: Brunch mit Obama

 

 

Hannover (SPA): Am Rande des Treffens zwischen US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel, bei dem auch das Freihandelsabkommen TTIP Thema war, kam es am Sonntag zu einem gemeinsamen Dinner mit knapp 30 hochrangigen Wirtschaftsvertretern beider Länder. Zu den Gästen der Regierungschefs gehörten u.a VW-Boss Matthias Müller und Marylinn Hewson, die Vorsitzende der Waffenschmiede Lockheed Martin.

Während sich am gestrigen Vormittag u.a. Christiane Wirtz (SPD), stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung und stellvertretende Leiterin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, auf der Bundespressekonferenz ein wenig lustlos kritischen Fragen der Journalisten stellte, trafen sich die hochrangigen Regierungsvertreter mit ausgewählten Bewohnern der Bundesrepublik zum Brunch. SPA liegt exklusiv die Liste der Teilnehmer vor.

 

Shukria Janzai – Die afghanische Mutter von drei Kindern lebt seit zwei Jahren in Mainz und hat sich sehr darüber gefreut, dass ihr die Bundeskanzlerin so bildhaft erklärte, warum die Lebensgefahr für Menschen wie sie in Afghanistan entgegen der Aussagen aus dem neuesten UN-Bericht sehr niedrig ist. Dies sei nicht mit der Situation für Menschen an der Hamburger Außenalster vergleichbar.

Journalist Herr Jung: Zum Thema Waffenlieferungen. Die Kanzlerin hat gestern in der Pressekonferenz mit Herrn Obama gesagt: „Deutschland hat angesichts der Herausforderungen in Sachen IS quasi Paradigmenwechsel vorgenommen. Wir haben nie Waffen in ein Spannungsgebiet geliefert. Wir haben jetzt den Peschmerga Waffen geliefert.“  Frau Wirtz, wie definieren Sie ein „Spannungsgebiet“?

Frau Wirtz: Herr Jung, ich möchte hier jetzt nicht mit Ihnen über Definitionen philosophieren oder Definitionen diskutieren. (…) Darüber hinaus kann ich Ihnen keine Legaldefinition des Begriffs „Spannungsgebiet“ geben.

 

Angela Maiwald – Die Biobäuerin aus der Schwäbischen Alb zeigt sich begeistert von den Erläuterungen von Frau Bundeskanzlerin. Diese versicherte, dass durch das Freihandelsabkommen die enormen Agrarzölle der USA aufgehoben werden. US-Präsident Obama prophezeite gar ein um 60 Prozent gestiegenes Exportauskommen der EU-Landwirtschaft in die Vereinigten Staaten. Zudem verwies er auf die hohe Nachfrage nach Bio-Produkten unter US-Konsumenten.

 

Herr Jung: Aber Sie können ja trotzdem freiwillige Angaben machen. Gibt es innerhalb der Bundesregierung einen Minister, der sich die TTIP-Unterlagen im Leseraum bisher angeschaut hat?

 

BPK-Vors. Feldhoff: Möchte irgendjemand eine freiwillige Angabe machen? … Es tut mir leid.

 

André Hollatz – Der Greifswalder Fotograf agiert nebenbei als Theaterdarsteller, um das Geld für seine Zwei-Raum-Wohnung in der Hansestadt aufzubringen. Momentan bereitet er sich auf die Titelrolle im Brecht-Stück „Das Verhör des Lukullus“ vor. Hollatz, der im Zusammenhang von Finanzkrise und Bankenrettung mehrere Petitionen unterzeichnete, ist begeistert von den Erläuterungen der beiden Staatsoberhäupter. Nun hat er Gewissheit, dass die mit TTIP einhergehende Koordination neuer Regularien zukünftig Krisen auf dem Finanzmarkt verhindern wird.   

 

Herr Jung: Frau Wirtz, das Bundespresseamt ist ja auch für die sogenannte Aufklärung zu TTIP zuständig. Ich habe bisher noch keine Aufklärung über die Gefahren und Risiken von TTIP bei Ihnen gefunden. Wann kann die Öffentlichkeit damit rechnen?

 

Frau Wirtz: Herr Jung, Sie können auf die Seite des Bundespresseamtes gehen, sich die Veröffentlichungen des Bundeswirtschaftsministeriums anschauen oder sich dazu eine Broschüre schicken lassen oder wie auch immer Sie sich informieren möchten ; es gibt umfängliches Material der Bundesregierung zum Thema TTIP. In diesen Materialien jedenfalls in denen, die ich gesehen habe werden durchaus viele Aspekte thematisiert, die auch in der Öffentlichkeit kritisch gesehen werden. Da geht es um die verschiedenen Standards, da geht es um die Frage, dass TTIP undemokratisch sei, und um viele andere Aspekte, die auch in der öffentlichen Diskussion immer wieder zur Sprache gebracht werden. Die Bundesregierung hat sich in ihren Publikationen darum bemüht, diese Themen aufzuarbeiten und aufzubereiten und sozusagen sachliche Informationen zur Verfügung zu stellen, damit sich ein jeder ein eigenes Bild machen kann.

 

Susanne Wandisch – Die 24-jährige Frau arbeitet als selbständige Floristin in Chemnitz.  Sie ist hoch erfreut, dass ihr der US-Präsident persönlich versicherte, dass Art und Umfang öffentlicher Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung oder Wasser von den TTIP-Verhandlungen ausgenommen sind und die Angebote weiterhin der freien Entscheidung der Regierungen aller EU-Länder unterliegen. Stolz präsentiert sie eine von Angela Merkel überreichte Wohlstandsschere, die sich auf 180 Grad öffnen lässt.

Herr Jung: Das verstehe ich, Sie widersprechen einzelnen Punkten von Kritikern. Aber wann gehen Sie auch transparent mit den Risiken um, wann benennen Sie also auch wirkliche Risiken und Gefahren? Oder gibt es die einfach nicht?

 

Frau Wirtz: Ich glaube, viel mehr als Argumente aufzugreifen, die pro und contra gegen TTIP ins Feld geführt werden, diesen Argumenten nachzugehen, diese Argumente aufzuarbeiten und gleichzeitig die Haltung der Bundesregierung unmissverständlich deutlich zu machen, kann die Bundesregierung an dieser Stelle nicht leisten.

 

 

Yellow Bear – Das sechsjährige Kuscheltier aus Hannover unterbrach seinen Winterschlaf und landete durch einen Navigationsfehler auf der Bundespressekonferenz statt beim Gala-Brunch. Er zeigte sich betroffen von der gleichgültigen Beantwortung wichtiger Fragen und begab sich direkt nach dem Ende der PK ins Bett, um seinen Schlaf fortzusetzen.

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Kommentare: 3
  • #1

    XY und Z (Dienstag, 26 April 2016 18:22)

    Grandios!

  • #2

    XY und Z (Dienstag, 26 April 2016 18:23)

    ... aber warum die verschiedenen Schriftgrößen?

  • #3

    Hannes (Dienstag, 26 April 2016 18:38)

    @ XY und Z

    Wir möchten durch die Veränderung der Schriftgrößen sichtbar machen, dass Frau Wirtz (und ihre Mitstreiter) im Laufe der Konferenz zunehmend kleinlaut und nichtssagend agierten. P.S. Danke für das Kompliment.