Vegan grillen

 

 

 

Greifswald (SPA): Am Dienstagmorgen erklärt sie die Festwoche anlässlich ihres Geburtstages für beendet: „Jetzt ist erstmal Schluss mit Alkohol!“. Nur zwei Stunden nach diesem Satz meldet mein Handy einen Posteingang: „Am Freitag kommen drei Kollegen zum Grillen und am Samstag sind wir bei Heike zu einem kleinen Umtrunk eingeladen. Ist das okay für dich?“. Mein Phone antwortet extra dry mit einem Smiley. Einem, das grinst.

 

Donnerstags kündigt sie den Einkauf an. „Bringst du gleich die Grillsachen mit?“, frage ich. „Obst und Gemüse habe ich schon geholt.“, antwortet sie. In diesem Moment muss ich ein sehr dummes Gesicht gemacht haben. Denn sie fühlt sich zu einer Ergänzung genötigt: „Das sind alles Veganer.“ „Grillkäse vielleicht?“, greife ich nach einem Strohhalm. Sie knickt ihn weg: „Ist nicht vegan.“ Gut, zwei Steaks kann ich mir auch allein holen. Ich laufe zu meinem Schreibtisch und krame dort die Was ich im Leben alles so vorhabe-Liste heraus. Unter Buch schreiben, vom Tisch springend einen Telemark in den sicheren Stand bringen, fünf Laubbäume pflanzen, in Malchin wohnen … notiere ich:

 

357.) Vegan grillen.

 

Am regennassen Freitag präpariere ich den Grill unter dem trockenen Ende des Pavillons. Gnädig hat sie mir ein paar kleine Geflügelsteaks gekauft und anschließend mitgeteilt, dass von ihren drei Kollegen X, Y und Z Letzterer umgekippt ist. Mit den Worten wenn Hannes grillt, bringe ich Bratwürste mit legt Z für heute eine vegane Menopause ein.

 

Derweil denke ich über die anlassgerechte Verwendung von Holzkohle nach. Als Geologe im Nebenfach weiß ich, dass Insekten und anderes Mikrogetier dazu neigten, sich im Zuge der Fossilation, zum Beispiel beim Prozess der Inkohlung, einschließen zu lassen. Habe ich selbst im Präkambrium meines Lebens mit einem Geologen-Hämmerchen aus Lausitzer Braunkohle geklopft. So bin ich nahe dran, Holzkohle als nichtvegan und dessen Verwendung für die folgenden Grillschritte als ungeeignet einzustufen. Selbst die anschließende Zerbröselung eines Briketts auf Korngröße 0,8 kann trotz ergebnisloser Suche nach fremdorganischen Spurenelementen nicht alle meine Zweifel beseitigen.

 

Als der Grill mit einem halben Meter Abstand Handwärme entwickelt, schiebe ich das Geflügel auf den Rost. Just erscheinen X, Y und Z auf der Hazienda. Z legt die nonveganen Würste dazu, während X acht Päckchen Veganes auf dem Beitisch platziert – in der Summe circa 25 Speiseeinheiten, die entweder von großem Hunger oder geringem Nährwert zeugen. Sogar Grillkäse ist dabei, was auch immer da gemolken wurde.

 

Sie meint, es würde zu lange dauern (nach zehn Minuten!) und ordert die bereitgestellten Auberginenstreifen und veganen Möhrenklöpse nach oben. In Ofen und Pfanne. Ich verstricke mich im politischen Smalltalk mit X, der mit einer Schere die veganen Päckchen öffnet. Mein Geflügel und die Echtfleisch-Wurst von Z melden: Wir sind durch! X reicht mir zwei vegane Steaks zur Neubefüllung des Grills, worauf ich höflich frage: „Kann es jetzt zu Kontaminationen kommen?“. So ähnlich muss mein Gesicht gestern auch ausgesehen haben.

 

Bevor X  antwortet, er glaube nicht, krümeln die ersten Partikel der großzügig aufgetragenen Kräuterpanade durch den Rost.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    XY und Z (Donnerstag, 06 Juli 2017 19:39)

    Haha .... sehr lustig und toll geschrieben. Ihr habt Spaß gehabt.

  • #2

    Die echten X,Y und Z! (Donnerstag, 06 Juli 2017 22:57)

    Wer hat denn da in unserem Namen kommentiert?