Mensch Maschine

 

 

 

 

Greifswald (SPA): Der Meister aus der Holzwerkstatt ruft an: „Hannes … die Jungs möchten heute Verschnittmengen berechnen. Absolut und in Prozent.“ Ich gebe ein Okay, schieb mich mit einem weißen Blatt an den Tisch zwischen die Verkäufer, die gerade heftigst am Kalkulieren sind und zeichne eine rechteckige Spanplatte, konstruiere zwei kongruente Tischplatten hinein, zusammengesetzt aus einem Trapez und einem Dreieck. Bemaße die Seiten und notiere in die Aufgabenstellung die gesuchten Größen Rohmenge, Fertigmenge und Verschnitt.

 

 

Als die Verkäufer mein Büro verlassen, scharren vor der Tür bereits drei Holzwürmer mit den Hufen. Ich weise auf mein Blatt: „Geht schon mal rein, ich geh das noch fix kopieren.“

 

Fix kopieren.

 

Der Flurkopierer, eine Investitionsidee der betriebseigenen Qualitätsarbeitsgruppe Druckkosten, befindet sich in einer Nische zehn Meter neben meinem Büro. Ein Monstrum von Gerät. Technologie aus dem 22. Jahrhundert, die irgendwann vor zwei Jahren ein Individuum, ein Alien vielleicht, hier auf diesem Flur abgestellt hat. Dass ich es schlicht als Kopierer bezeichne, wird ihm nicht gerecht. Denn es ist vom Hörensagen mindestens auch zum Scannen und Drucken befähigt. Auch andere Kompetenzen scheinen bei diesem Volumen und dieser Flut von Bedienungselementen möglich.

Ich bemühe meinen Erfahrungsschatz, als ich zuerst alle vier Blattdepotschächte öffne, um zu schauen, ob diese gefüllt sind. Prüfe, ob sich nicht noch Druck- und Kopieraufträge in der Warteschleife befinden. Derweil fährt die Kiste aus dem Energiespar- in den Betriebszustand und teilt mir das fröhlich über ein buntes Display im Handtaschenformat mit. Nun schiebe ich vorsichtig meine Konstruktion in die Skalierungsempfehlung DIN A4 und drücke auf dem 24-fach belegten Tastaturbrett eine 3.

 

Und Start.

 

Das Monster rödelt 30 Sekunden intensiv in sich hinein, täuscht ein Blatteinzugsgeräusch vor, verharrt, um mich dann über das Display zu fragen, ob ich Papierschacht Eins benutzen möchte. Ich bestätige. Erneut brummelt es. Dann erscheint eine Aufforderung, Papierschacht Zwo zu aktivieren. Sofortige Bestätigung durch Fingertatsch, wieder ein Grummeln, dann blinkt das Display: „Keine Ressourcen verfügbar.“  Nun brummele ich. Durch ein kurzes Öffnen aller vier gefüllten Papierschächte induziere ich eine weitere Bereit-Meldung durch die Maschine. Nach dem wiederholten Start, dem nächsten Rödeln, der erneuten Imitation eines Blatteinzugsgeräusches verkündet mir das HighTech-Gerät jetzt: „Blattformat nicht erkannt.“

 

Ich öffne meinen Fluchschacht Eins und bezeichne den Kopierer, nur für uns beide hörbar, als Leberwurst.

 

Gut. Ich klappe also die Kunstlichtabschirmhaube nach oben und rücke mein Konstruktionsunikat absolut akkurat in die auf dem Gerät vorgegebene DIN A4-Skalierung. Prüfe die exakte Lage doppelt durch Drauf- und Seitenansicht. Drücke die Kunstlichtabschirmhaube so vorsichtig nach unten, dass das Blatt nicht durch etwaige Kunstlichtabschirmhaubenverschlusswinde aus der Skalierung gerückt wird. Wähle Papierschacht Zwei, bestätige. Tippe die 3 und bestätige. Drücke auf Start.

 

Grummeln. Dann blinkt das Display. Erst rhythmisch, später nervös, dann nur noch zuckend. Bevor sich die Maschine selbständig in den Energiesparzustand versetzt. Meine Fantasie sieht die Qualitätsarbeitsgruppe Druckkosten feiern.

 

Unter Benutzung meines Fluchschachtes Drei, Kategorie nicht druckreif, verlasse ich die HighTech-Nische mit einem unkopierten Kopiermedium, winke im Passieren kurz achselzuckend drei wartenden Holzwürmern in meinem Büro und begehe den Flur in die andere Richtung. Stürme in Kathrins Ausbildungsraum, wo ich einen Tischkopierer weiß. Baujahr 1867, drei Tasten, Schwarz-Weiß-Display im Format meines Personalausweises. Ich grüße Kathrin im Vorrübergehen zu, halte dabei mein Blatt in die Höhe und verkünde: „Muss ich fix dreimal kopieren. Unser Multifunktionsgerät versteht mich wieder nicht.“

 

Und Kathrin so:

 

„Hast du in den Papierschächten nachgesehen, ob auch Papier drin ist?“
„Ja.“
„Bist du dir sicher, ob nicht noch Aufträge programmiert waren?“
„Ja.“
„Hast du den richtigen Papierschacht aktiviert?“
„Ja.“
„Hast du darauf geachtet, dass dein Blatt genau in der Skalierung liegt? Das Gerät ist da sehr empfindlich.“
„Ja.“

Ich ziehe drei Kopien aus der Ablage. „Schon fertig.“, sage ich zu Kathrin. „Übrigens. Du kommunizierst schon genauso wie die Maschine.“

 

 

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Kommentare: 27
  • #1

    Lieselotte (Sonntag, 29 April 2018 14:49)

    So ein Quatsch aber auch wieder. Ein Drucker aus dem 22.Jahrhundert, würde doch auf Zuruf drucken was immer man will, der braucht doch keine Vorlage mehr!

    Übrigens: Es gibt eine Rückrufaktion von Harter Wurst (Salami) bei mehreren Discountern! Vielleicht sind Paradieseier - und zwar die, die Jay-Jay beschrieben hat - schon in der Wurst und die kleinen salzige Dinger aus der Dose sind gar keine Sarmondellen sondern Salmonellen. Das würde vieles erklären!

  • #2

    Ricarda Bolithos (Sonntag, 29 April 2018 14:53)

    "Sardellen" sind das!

  • #3

    Lieselotte (Sonntag, 29 April 2018 14:54)

    Eben nicht! Die Hartwurst wurde wegen Salmonellen zurückgerufen!

  • #4

    Sheldon Gently (Sonntag, 29 April 2018 15:08)

    Könnte das ein Xerox Printer Error 116-324 sein? Bei dem Namen würde es einen nicht wundern...

  • #5

    Ricarda Bolithos (Sonntag, 29 April 2018 15:12)

    Das ist eine Fehlermeldung, kein Druckenname, du Flachkopp!

  • #6

    Lieselotte (Sonntag, 29 April 2018 16:14)

    Wer ist eigentlich "Hannes"?

  • #7

    Ricarda Bolithos (Sonntag, 29 April 2018 16:15)

    "Hannes" ist Dirk.

  • #8

    Lieselotte (Sonntag, 29 April 2018 16:16)

    Ich dachte Dirk ist Herr Brycke!?

  • #9

    Wilhelm Bürstig (Sonntag, 29 April 2018 16:18)

    Hannes ist Dirk ist Herr Brycke! Alles waschechte Greifswalder!

  • #10

    Lieselotte (Sonntag, 29 April 2018)

    Greifswalder Symbolnamen, oder?

  • #11

    Sheldon Gently (Sonntag, 29 April 2018 16:25)

    Hallo Lieselotte, ich sage also: "Alexa, leg' Papier ein. Alexa, druck' mir Verschnittmengen." Das wird doch nix!
    Außerdem ist ein Flachbettdrucker niemals in der Lage realistische Ausdrucke zu machen!

  • #12

    Lieselotte (Sonntag, 29 April 2018 16:27)

    Probier's halt aus!

  • #13

    Sheldon Gently (Sonntag, 29 April 2018 16:33)

    Brauch ich nicht, die Theorie spricht da eine deutliche Sprache: Wie im Großen - so im Kleinen, sagt Hermes Trismegistos. Wenn's im Großen rund ist, kann's im kleinen nicht flach sein!

  • #14

    Wilhelm Bürstig (Sonntag, 29 April 2018 16:35)

    Was ist rund?

  • #15

    Sheldon Gently (Sonntag, 29 April 2018 16:37)

    Man wird ja wohl noch ein Späßchen machen dürfen?

  • #16

    Jens Scheider (Sonntag, 29 April 2018 21:51)

    Um maschinenpsychologisch Wirkung auf das Gerät auszuüben, solltest Du IMMER einen 1500g Hammer direkt neben das Gerät stellen... und die Kommunikation mit einem "Wir können das doch auch im Guten regeln!" starten...

  • #17

    Knepulski (Montag, 30 April 2018 09:36)

    "Brauch ich nicht, die Theorie spricht da eine deutliche Sprache: Wie im Großen - so im Kleinen, sagt Hermes Trismegistos. Wenn's im Großen rund ist, kann's im kleinen nicht flach sein! "

    --> heisster der nicht Hannes Trismegistos , oder irre ich da mal wieder ?

  • #18

    Brycke (Montag, 30 April 2018 17:14)

    Endlich ein brauchbarer Tipp. Danke Jens!

  • #19

    Lieselotte (Dienstag, 01 Mai 2018 13:32)

    Hallo Herr Knepulski, ist das der Hannes mit den Flügeln an den Sandalen, oder ist das ein anderer Hermes. Ist das nicht überhaupt ein Paketversand?
    Ihr macht mich völlig irre mit euren Symbolnamen!

    Und gibt's dich jetzt doch, Knepulski? Evaludierst du gerade wieder mit deinem Stift?

  • #20

    Wilhelm Bürstig (Dienstag, 01 Mai 2018 13:36)

    Mit einem großen Hammer lassen sich viele Sachen gut regeln!

  • #21

    Lieselotte (Freitag, 25 Mai 2018 01:46)

    Stimmt!

  • #22

    Mattes (Donnerstag, 07 Juni 2018 07:17)

    Eindeutiger Anwender fehler✌

    Ich arbeite seit 3 jahren mit xerox Maschinen und hab 30 Geräte unter mir. Man muss sein soll auch erfüllen damit er kopieren kann. Wenn du alle schächte aufreißt, will die Maschine auch wissen, was du geändert hast, daher die 4 Abfragen des Geräts. Danach legst du irgendein 0815 Zettel aufs Vorlagenglas. Das Gerät hat verschiedene Grundeinstellung zum scannen, und deine Vorlage schien denn nicht A4 zu sein? Evt. War auch kurz vor dir noch wer anders dran, der seine Einstellung nicht zurückgesetzt hat? Bzw. Da mal deinen Systemadmin informieren? Gern kann ich dir auf Nachfrage unzählige Tips zur Bedienung der Teufelsmaschine geben!:) egal ob WC78xx oder C50/60.

    Grüße

  • #23

    Lieselotte (Sonntag, 17 Juni 2018 20:21)

    Bedienungsfehler also, Herr Brycke! So ist das nämlich!
    Vorlage einlegen, Knopp drücken und unten kommt die Kopie raus - das ist sowas von retro!
    Erstmal Handbücher gründlich lesen, auch mal einen Einführungslehrgang besuchen, den Systemadministrator fragen, vielleicht auch mal im Internet googlen vorher, dann klappt's auch mit der Kopie :o)

  • #24

    Ricarda Bolithos (Sonntag, 17 Juni 2018 20:24)

    Ich mach immer'n Foto mit dem Handy und druck's dann aus, das spart viel Zeit!

  • #25

    Lieselotte (Sonntag, 17 Juni 2018 20:27)

    Gute Idee! Braucht man auch keine Hammer für!

  • #26

    Sheldon Gently (Freitag, 13 Juli 2018 11:05)

    Eigentlich kann man froh sein, wenn er nicht druckt, sonst hat man womöglich Kopien, wo man dann doch nochmal nachsehen muß, ob er die Zahlen richtig geschrieben hat:
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Xerox-Scanner-Fehler-Buchstabentausch-auch-bei-hoeheren-Qualitaetsstufen-1933798.html

  • #27

    Wilhelm Bürstig (Freitag, 13 Juli 2018 11:08)

    Das mit dem Handy ist eine gute Idee, ich glaube, das mach ich dann auch.