Greifswald (SPA): Eigens für das Web-Controlling ist beim Ordnungsamt der Stadt kürzlich die Stelle eines Beobachters und Förderers der Internetkultur (kurz: BuFdI) geschaffen worden. In der dreimonatigen Einarbeitungs- und Evaluierungsphase obliegt es dem BuFdI, regionale Diskussionsbeiträge im Netz zu sondieren und entsprechend eines von der Universität Greifswald vorgelegten Skalierungsschemas zu bewerten.
Um das vorherrschende Niveau in den Diskussionen weiter zu heben und Diskutanten dahingehend zu motivieren, hat die Stadt nun einen Prosa-Preis ausgelobt. Der wird aufgrund des vielfältigen Angebots und der beschränkten Lesekapazitäten nur innerhalb einer Greifswalder Facebook-Gruppe vergeben, die am gestrigen Mittwoch durch einfaches Losverfahren ermittelt worden ist. Über den Namen des Loses hängen die Verantwortlichen bei Stadt und Ordnungsamt den Mantel des Schweigens. Aus gutem Grund.
„Wir befürchten, dass eine Bekanntgabe des Gruppennamens zum jetzigen Zeitpunkt Trittbrettfahrer auf den Plan ruft oder die Mitglieder derartig manipuliert, ihren Schreibstil prosaisch anzupassen. Dies nur zu dem Zweck, den attraktiven Hauptpreis (Anm. der Red.: eine Bussafari durch ein kürzlich von der Bundesregierung als „sicher“ deklariertes Herkunftsland) abzufassen. Dies würde eine objektive Meinungsbildung unsererseits nicht mehr möglich machen.“
Äußerst glücklich zeigt sich der Stelleninhaber über die ausgeloste Wahl der Facebook-Plattform: „Wir haben in dieser Gruppe alles am Start, womit das Meinungsbild in Greifswald eingefangen werden kann: lokal hochrangige Politiker, auch solche, die auf dem Weg dorthin sind, zum Wohl der Stadt engagierte Personen, Mitglieder von Organisationen und Initiativen, Blogger und Menschen, die aus einem burschenschaftlichen Hinterzimmer ihre Mitbürger mit einer schier unerschöpflichen Link-Sammlung mit News aus aller Welt versorgen und wir haben Gruppenmitglieder, die einfach nur Lust am Schreiben haben.“
Beobachter und Förderder der Internetkultur (BuFdI) mit Riesenlupe. Diese versetzt ihn in die Lage, sehr genau zwischen den Zeilen zu lesen, um jede Facette prosaischer Kleinkunst in Netzdiskussionen zu erfassen.
Dass es in der Hitze einiger Schreibgefechte zu persönlichen Diffamierungen, Beleidigungen und Verletzungen der Netiquette käme, sieht der neue Mitarbeiter beim Ordnungsamt als leidigen Kollateralschaden der unter dieser Adresse präferierten Diskussionskultur. Zudem, so versichert er, seien solche Beiträge unter dem Aspekt der Prosa ebenfalls sehr interessant. Bei den Inhalten vertraue er auf das wache Auge sogenannter Administratoren.
Ob er schon einen Favoriten habe, fragen wir den BuFdI. Der hält sich bedeckt: „Es gibt sehr ausgefeilte Beiträge, von denen wir schon einige gesammelt haben. Natürlich kann und möchte ich an dieser Stelle nicht mehr verraten. Allein, um die strengen Bewertungskriterien nicht zu gefährden. Sehr interessant empfinde ich z.B. Beiträge, in denen die Faschismus-Definition auf ein Minimum heruntergebrochen und somit für ein vielfältiges Themenspektrum in der politischen Diskussion anwendbar wird.“
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XY und Z (Samstag, 14 Mai 2016 12:43)
Oha, da wurde aber schnell reagiert :)