Die wassergebundene Naherholung in der Steinzeit

 

Sensationelles Foto aus dem Andersen-Archiv: Steinzeit-Pärchen beim Sonnenbad in Loissin

 

 

 

Greifswald / Loissin (SPA): Bereits in den 1980er Jahren wurde mit der Bildung der Forschungsgruppe Rekreationsgeografie an der Geografischen Sektion der Universität Greifswald, initiiert durch Prof. Bruno Benthien, die Forschung zur touristischen Entwicklung im zirkumbaltischen Raum vorangetrieben.

Untersuchungskriterien wie Erholungsströme, natürliche Ausstattung der Landschaft oder das vom Menschen geschaffene, erholungsrelevante Angebot konnten durch die Wissenschaftler umfangreich erfasst und analysiert werden. Erhebliche Lücken klaffen jedoch bis heute bei der Erforschung historischer Entwicklungen und Synergien des Tourismus im Ostseeraum, die vor der Gründung des ersten Seebades in Heiligendamm (1793) zu datieren sind.

 

Nun öffnet Lone B. Andersen ihre Schatzkammer und die Fachleute in den Ostseeanrainerstaaten erhoffen sich neue Erkenntnisse zur Individualerholung seit der Entstehung des Meeres vor circa 12000 Jahren. Die in der Nähe von Naestved lebende Dänin ist die bedeutendste Sammlerin von Memorabilien zum Thema Baltikum, hielt allerdings ihre umworbene und sagenhafte Kollektion bis heute für die Wissenschaft verschlossen. Eine erste Fotografie, die unserer Redaktion von Frau Andersen zur Vorveröffentlichung überlassen wurde, lässt vermuten, welch sensationelles Material sich in ihrem Besitz befindet.

 

Das sehr gut erhaltene Foto trägt den Stempel Strand Loissin und dürfte vor etwa 3900 Jahren im ausgehenden Neolithikum, der Jungsteinzeit, entstanden sein. Ein am linken Rand des Badetuches abgelegtes Detail lässt den eindeutigen Schluss auf die Dolchzeit zu, die das letzte Stadium der uns bekannten Steinzeit markiert, ehe diese von der Bronzezeit abgelöst wurde.

 

Detailansicht 1: Dieser abgelegte Steindolch ermöglicht eine relativ eindeutige Zuordnung der Aufnahme in eine zeitgeschichtliche Epoche.

 

 

Galt bis dato als ältestes Zeugnis herkömmlicher Erholungsformen im baltischen Raum: Die Überreste einer laut Personalausweiseintragungen isländischen Wassertouristin aus dem 4. Jahrhundert n.Chr. wurden von Anwohnern am Greifswalder Mühlentor aus dem ewigen Eis gegraben.

Die damaligen Strände waren durch das Vorhandensein glazialen Gerölls und Geschiebes in zum Teil erheblichen Korngrößen charakterisiert. Zwar hatte der Meeresspiegelanstieg im Zuge der Littorina-Transgression bereits eingesetzt, aber erst deren Ende um das Jahr 1 sowie veränderten Meeresströmungen, küstenparallelem Längstransport und Anlandung verdanken wir Sandstrände, wie sie heute auch in Loissin vorzufinden sind. Das im Hintergrund sichtbare Kliff ist freilich in dem kleinen Ort östlich der Hansestadt nur noch fragmentarisch vorhanden. Es ist fraglich, ob diese Veränderungen in der geomorphologischen Struktur der Landschaft Ergebnis natürlicher Abtragungsprozesse oder das Werk professioneller Endmoränenräuber sind.

 

Die relativ geringe Bevölkerungsdichte garantierte dem erholungssuchenden Steinzeitmenschen einsame Strände, was das Auslegen von Badetüchern zur Reservierung von Liegeflächen überflüssig machte. Das auf dem Foto sichtbare Steinzeitpärchen dürfte eine Heimstatt in unmittelbarer Nähe zum Strand besessen haben, da die Mobilität aufgrund fehlender Verkehrstrassen und –mittel nach bisherigen Erkenntnissen damals sehr eingeschränkt war. So sind die beiden Personen eindeutig der Nachfragegruppe der Naherholungssuchenden zuzuordnen. Als weiterer Hinweis für diese Feststellung gilt das völlige Fehlen von Badeausrüstung. Abgesehen vom Handtuch, das offensichtlich von beiden genutzt worden ist, fehlen typische Gegenstände wie Windschutz, Kühltasche oder Sonnencrémes.

 

 

Erholungssuchende am Strand Loissin heute: versandete Flächen und Zeugnisse der Entwicklungen im Nachfragesegment Badeausrüstung. Im Hintergrund sind die Überreste des Kliffs zu sehen.

Die geschlechtsspezifische Proportionierung der abgebildeten Steinzeitmenschen deckt sich mit den bisherigen Erkenntnissen über die damalige Zeit. Männer waren von kleinerem Wuchs, was mit der alltäglich gedrungenen Körperhaltung bei den Hauptbeschäftigungen Jagen und Sammeln begründet wird. Während die vergleichsweise starke Ausprägung von Körpermerkmalen wie Nase (Mann) oder Füße (Frau) wenig überraschend ist, dürfte das Nichtvorhandensein von Körperbehaarung Erstaunen hervorrufen. Ebenso ist mit diesem Foto bewiesen, dass die Freie Körperkultur (FKK) keine Erfindung der Deutschen Demokratischen Republik ist.

 

Rätsel hingegen werden durch das kleine Haustier aufgeworfen, das sich unangeleint ein wenig oberhalb der Liegefläche am Rand eines Scharrplatzes befindet und seinen Blick in Richtung der Wasserfläche gerichtet hat. An steinzeitliche Hundestrände mögen momentan selbst Verfechter frühgeschichtlicher Domestizierungsformen nicht glauben. Endgültigen Aufschluss über die Identität des Tieres werden am Mittwoch erwartet, nachdem das Foto einer Kernspintomographie im Greifswalder Klinikum unterzogen wurde.

 

Detailsansicht 2: Wirft Rätsel auf - kleines, unangeleintes und in aufrechter Position verharrendes Steinzeittier (?) am Rande eines Scharrplatzes.

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Kommentare: 1
  • #1

    XY und Z (Mittwoch, 15 Juni 2016 09:14)

    Sehr lustig. Wie kann man nur auf so etwas kommen? :)