Kapitel 1: Arndtschule, Hautklinik, erste Erfolge

 

 

 

Das erste Puls-Mannschaftsfoto datiert aus dem Jahr 1971 - oben v.l.: Hartmut Wiedemann, Volker Bothe, Michael Lange, Uwe Hass, Uwe Gaede, Winfried Schering, Hans-Dieter Gladrow / unten v.l.: Jörg Reiter, Eckhard Neese, Hartmut Lehmann, Hans Diebow, Jürgen Person, Wolfgang Matzke. Zumindest einer ist seinem Frisör bis heute treu geblieben.

Seine virtuelle Geburtsstunde erlebte der heutige Greifswalder SV Puls in der Arndtschule. Einige Freunde, zum großen Teil Klassenkameraden, trafen sich ab 1968 regelmäßig nach Schulschluss auf einem Bolzplatz in der Beimlerstraße (ABK-Platz), um gemeinsam dem runden Leder nachzujagen und Serien auf Butterbrot zu spielen. Mit Hartmut „Keiler“ Wiedemann, Hartmut „Mütchen“ Lehmann, Uwe Gaede, Peter Henk, Eckhard „Ecki“ Neese, Jürgen „Perle“ Person, Uwe Hass, Hans-Dieter Gladrow und Jörg „Jogi“ Reiter vereinigten diese Events bereits da jene Leute, die auch nach Beendigung der 10. Klasse dieser Freizeitbeschäftigung nachgehen wollten und Ende 1969 den Traum von einer eigenen, richtigen Fußballmannschaft umzusetzen begannen.

 

Der harte Kern der Hautklinik auf Tour


Der Vater von U. Hass ermöglichte als Sportfunktionär die unbürokratische Aufnahme der fußballverrückten Jungs in die Volkssportstaffel. Da H. Wiedemann als Lehrling des Gartenhandwerks die Universitäts-Hautklinik begrünte (und wahrscheinlich das größte Azubisalär empfing), war auch ein Name schnell gefunden: Hautklinik SV Greifswald (HSV). Später aufkommende Gerüchte, die sich um sogenannte „Tripper-Brüder“ rankten, können somit widerlegt und endgültig in das Reich der pommerschen Fabeln und Sagen entsorgt werden. Fakt ist: die erste urkundliche Erwähnung des neuen Kultvereins der Hansestadt (und damit des GSV Puls) geht auf das Datum 25.01.1970 zurück – jenen Tag also, an dem die Sorben seit Jahrhunderten Vogelhochzeit feiern.


Der Pass des Goalgetters

Das erste Lehrlingsentgelt ging damals bei den meisten für die Kluften drauf: himmelblaue Hemden mit weißem Längsstreifen und weißen Hosen. Im Übrigen sehr geeignet für bevorstehende Hartplatzschlachten in der Regenzeit. Lehrgeld bezahlte man allerdings auf dem Platz. Der Spielerkader war zu dünn, die Jungs zu unerfahren, die Tore so groß – es setzte Niederlagen und Schlappen. Eine Klatsche mit weniger als zehn Gegentoren galt in den Partien gegen die geballte Konkurrenz von Greifswalder Fußballhaudegen schon als Erfolg für die Junior-Truppe der Liga.

1971 gabelte man beim Kicken in der Beimlerstraße Winfried „Winnie“ Schering und Peter Eggebrecht auf - zwei ähnlich tickende Typen, die den Verein weiterbringen sollten. Das FDGB-Sportfest wurde damals jährlich auf Kleinfeld ausgetragen. Zumindest hier konnte der HSV als Kleinfeldmacht mithalten und erkämpfte sich regelmäßig einen Platz auf dem Podest.

 

Spielszene aus dem Jahr 1976 auf dem damals pechschwarzen Hartgeläuf des Ostplatzes im Volksstadion

 

Erste Reisen führten die Jungs in den frühen 70ern nach Berlin, Schwedt oder Brandshagen. In der letztgenannten Metropole wurde auch personeller Zuwachs gewonnen: Wolfgang „Matzi“ Matzke reiste fortan als Schlachtenbummler mit. Laut dem in den 70/80er Jahren erschienenen Magazin „Die Starelf“ aus dem vereinseigenen E.N.Verlag „....saß (dieser) in Brandshagen im Steppengras und blies in sein Kuhhorn, wenn der HSV im Angriff lag.“ Obwohl man damals und dafür vielleicht noch nicht die ganz dicken Lungen brauchte. Später sollte Matzke einer der besten Abwehrspieler im Verein werden.

Ebenfalls in Brandshagen, diesem unscheinbaren Hort so vieler unentdeckter Fußballtalente, wurde der spätere Trainer Dieter „Didi“ Wiedemann (Menotti vom Ryck) rekrutiert. Auch die Elf selbst unterlag in den Anfangsjahren einer starken Fluktuation. Die Gründungsmitglieder Hass, Gaede, Gladrow und Henk schieden frühzeitig aus dem Team – dafür kamen Ulrich Zemmin, Helmut Schuldt, Volker Bothe, Harald Diebow, Roland „Kulle“ Kuhl, Wolfgang „Jimmy“ Schönfeld, Klaus „Ratte“ Radicke, Reinhard Krohn und wenig später Manfred Wolfgram, die Wegner-Brüder Olaf und Karl, Werner Reiche und Hans-Peter Paulitz. In Zeiten, wo noch nicht über Altersbeschränkungen im Männerfußball nachgedacht wurde, betrug das Durchschnittsalter des HSV-Kaders 17,9 Jahre.

 

Meisterfeier 1976

 

In einer im November 1980 erschienen Ausgabe von „Die Starelf“ taucht einer der ersten, von Uwe Hass verfassten, Spielberichte auf. Am 8. Januar 1972 unterlag man in einem Pokalspiel bei gefühlten minus 27 Grad Lok Züssow II mit 1:12 (1:5). Zum Spiel in der Aufstellung Diebow – Schering, Hass, Lehmann (74. Krohn), Gaede, Reiter, Zemmin, Bothe, Schuldt, Gladrow (80. H. Wiedemann) heißt es: „Niederlage gegen Züssow II fiel zu hoch aus. HSV bemühte sich stets um Resultatsverbesserung. Nach den Spielanteilen zu urteilen, waren 12 Tore zu viel. Erstes Tor fiel zu früh und brachte Verwirrung beim HSV. 1:5 wurde lange gehalten, danach totaler K.O.. Auch das Trompeten von Matzke nutzte nichts.“ Das Tor erzielte übrigens Bothe in Minute 25.

 

Im Sommer 1974, als Deutschland zum 2. Male Weltmeister wurde, setzte der HSV ein erstes sportliches Achtungszeichen. Man stand im Pokalfinale, in dem man Ostseetrans deutlich mit 0:7 unterlag. Nur sechs Monate später spielte Hautklinik die versammelte Volkssportelite an die Hallenwand und wurde Meister.

Mit Fred Wienholtz, Klaus Küverling und Ulrich Feske stießen weitere Spieler zum Verein. 1976 übernahm der Menotti vom Ryck das Traineramt und führte die Truppe ganz spontan zum Meistertitel. Die Universität konnte fortan die Spielergehälter nicht mehr bezahlen und so sah sich die Mannschaft nach einem neuen Sponsoren um, der mit dem Dienstleistungskombinat auch gefunden wurde. Die Folge war die Umbenennung in DLK Greifswald.

 

 

 

 

DLK Greifswald 1976 - oben v.l.: Klaus Küverling, Olaf Wegner, Winfried Schering, Fred Wienholtz, Eckhard Neese, Werner Reiche, Wolfgang Schönfeld, Wolfgang Matzke, Dieter Wiedemann / unten v.l.: Hans-Peter Paulitz, Roland Kuhl, Karl Wegner, Jürgen Person, Benny Wendt, Jörg Reiter, Jörg Meißner.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0