Start der Grypsale

 

Greifswald (SPA): „Raus aus dem Kubus“ heißt es in den kommenden vier Wochen für die Kunstschaffenden der Hansestadt Greifswald. Im Rahmen der 1. Grypsale sind sie aufgefordert, an exponierten Punkten der Stadt ihre Werke einem breitem Publikum zu präsentieren und damit der künstlerischen Enge des am Karl-Marx-Platz stationierten Kunstkubus zu entfliehen. Dieser steht seit Beginn seiner Installation in heftiger Kritik von Stadtarchitekten, dem bürgerlichen Hobbyrechnungshof und den Künstlern selbst.

 

 

Die erste Auflage der Grypsale, einem vom Kunstamt der Stadt und von Privaten geförderten Projekt, steht unter dem Motto Yamuru Mashihoto. Ein Name, der nicht nur Insidern der internationalen Kunstwelt vertraut ist. Der japanische Verhüllungskünstler erlangte weltweite Anerkennung durch seine Bestückung der Weiten Sibiriens mit Nadelhölzern und soll sich dem Vernehmen nach momentan in einer Phase der mentalen Annäherung an sein nächstes Projekt befinden – der Verhüllung des Flughafens BER, dem Berliner Mahnmal der Schande.

 

Seit heute sind zwei erste Grypsale-Projekte eines anonymen Greifswalder Künstlers in Wieck und am Fischmarkt zu bestaunen. Neben dem ästhetischen Genuss dürfte vor allem das für die Verhüllung verwendete Material Schnee dem Betrachter einige Rätsel aufgeben. Wir haben uns auf eine kleine Wikipedition begeben und möchten an dieser Stelle über diesen ungewöhnlichen Werkstoff aufklären.

 

Schnee fällt in einer Jahreszeit namens Winter als Niederschlag vom Himmel. Ähnlich dem Hagel absolviert er diesen vertikalen Transfer im festen Zustand – nur dass er nicht so fix unterwegs ist. Man könnte fast sagen, er rieselt. Selbst hier im tiefer gelegenen Norden der Republik soll es Zeiten mit Schnee gegeben haben, in höheren Lagen ist er durchaus heute noch zu beobachten. Während allein in der schottischen Sprache 421 verschiedene Begriffe für das Phänomen Schnee existieren, wurde das Wort im norddeutschen Raum kürzlich neben solchen wie Winterdienst, Permafrost, Eisfläche, Schlittenfahrt und Mohrrübennase  in die Liste der Verschwindenden Wörter aufgenommen.    

 

Da das Material Schnee dazu neigt, bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt den Aggregatzustand zu wechseln, werden durch das Kulturamt den beiden ersten Exponaten der Grypsale nur geringe Halbwertzeiten vorausgesagt. Wer sich also dem Anliegen des Künstlers vis-a-vis stellen möchte, sollte sich beeilen, denn schon übermorgen dürften die verhüllten Objekte auf natürliche Weise ihr gewohntes Antlitz wiederhergestellt haben.

 

Mit der Verkündung der Preisträger durch eine unabhängige Jury wird die Grypsale am 14. Februar auf dem Marktplatz beendet. Die Bekanntgabe weiterer Exponate erfolgt täglich in den lokalen Medien.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Toni Schupperler-Gaige (Sonntag, 18 Februar 2018 15:47)

    "...der Verhüllung des Flughafens BER, dem Berliner Mahnmal der Schande." Boah eh!
    Das ist mal eine mutige Diktion. Das getraue ich mich gar nicht zu kommentieren.