Greifswald (SPA): Antonio Collucci erscheint um 15 Uhr auf dem Bahnhof Berlin-Gesundbrunnen, um sich von der Deutschen Bahn in die Hansestadt Greifswald transferieren zu lassen. Aber es ist Wetter. So viel Wetter, dass das Unternehmen Zukunft kollabiert. Und bei Anbruch der winterlichen Dämmerung verspürt vermutlich kein Mensch, erst recht nicht Antonio Collucci, Lust, sich bei einem vorausgesagten Reiseende im beschaulichen Angermünde auf die Suche nach einem Hotelzimmer zu begeben.
So kann die Rolle des italienischen Star- und Schiffskochs nicht live an einem Krimi-Dinner teilnehmen, in dem sich die verbliebenen fünf Protagonisten in einem zum Jachtmitteldeck umgebauten Greifswalder Wohnzimmer auf Tätersuche begeben. Und der Täter ist unter uns.
Nachdem die Kontaktaufnahme über Skype scheitert, wird Collucci via Telefon-Hotline zugeschaltet und bekommt in einer ersten off-Topic-Runde geschildert, dass das erhoffte italienische Dinner (er isst derweil Stullchen) eine Wendung ins asiatisch-vegetarische erfahren hat. Mit der jeweiligen Verkündung eines Ereignisses durch den Spielleiter, der in einer Doppelrolle auch als mein Bruder fungiert, beginnen nun die einzelnen Spielrunden.
Natürliche Arglist: Wetter
Der Plot ist ein wilder Mix aus Zutaten, die jedermann bei Agatha Christie nachlesen und beim Spreewald-Krimi oder Tatort nachschauen kann. Nur ohne Gärtner und ohne Flüchtlinge. Die Teilnehmer sind ausnahmslos schöne und erfolgreiche Menschen. Gut, ich bin zumindest Letzteres nicht. Die Tatsache, dass ich neben dem Kapitän (der jedoch Damenwäsche sammelt) der einzige an Bord dieses Schiffes bin, der in den sechs Stunden bis zur Tat keinen Sex hat, beziehungsweise sich, da vollgepumpt mit Drogen und Alkohol, an diesen nicht erinnern kann, ist deprimierend, hemmt mich im Berichtswesen und macht mich schnell zum Hauptverdächtigen eines Mordes, den wir mühsam anhand der Schilderung von Ereignissen aufzuklären versuchen.
Schon ein sorbisches Sprichwort sagt: Wer wenig erzählt, wird von Schuld gequält.
Collucci nimmt eine Schlüsselrolle bei der Fahndung ein, da er triebgesteuert nicht nur mit freiem Oberkörper das Schiffsdeck schrubbt sowie Mojitos an den Pool serviert, sondern bei seinem zunehmend frustrierenden Versuch, eine der anwesenden Damen stichkompatibel auf seiner Kombüsenanrichte zu platzieren, allerhand Geschehen hinter verschlossenen Kabinentüren aufschnappt. Quasi steht die geschaltete Hotline nie still. Die Kulmination der Handlung findet statt, als mein Bruder mich dermaßen schlägt, dass er sich fortan die Hand kühlen muss und in der Schiffsküche ein benutzter Verhütungsschlauch gefunden wird. Das Kondom des Antonio Collucci und die Aussagen des Kochs beweisen, dass das Opfer vor seiner wasserseitigen Entsorgung noch ein paar sinnliche Momente erlebt haben muss.
Der Mörder? Ich war es nicht. Das Unternehmen Zukunft? Als das Wetter aufhörte, transferierte es wieder.
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Antonio Collucci daselbst (Mittwoch, 24 Januar 2018 02:02)
Ich muß da leider widersprechen - also die Kulmination der Handlung war nicht, daß Dein Bruder Dich geschlagen hat. Zumindest ich hab' das anders erlebt. Der Abend hatte so seinen Höhepunkt und das war nicht der Moment als ich das Dessert flambiert habe - obwohl das - in aller Bescheidenheit - also das kann ich auch sehr gut, wie alle das ja wohl hoffentlich bemerkt haben werden!
Hannes (Mittwoch, 24 Januar 2018 19:15)
So ist das mit der Wahrnehmung. Das flambierte Dessert werden wir nachholen und schön, dass du wieder online bist.
Antonio Collucci (Donnerstag, 25 Januar 2018 14:46)
Ja, die Wahrnehmung :o/
Das steht jetzt dem armen Antonio Collucci nicht zu, da schlaue Sachen sagen zu wollen, aber die Gelegenheit ist einfach zu gut, um nicht an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß es die eine Wahrheit eben nicht gibt, bestenfalls vielleicht als Schatten an der Wand. Auch für den Höhepunkt des Abends gibt es - was mich betrifft - keine Zeugin mehr, was ich im übrigen sehr schade finde!