Greifswald (SPA): Aus Protest gegen die am gestrigen Vormittag ausgeführten Fällarbeiten an einer Schwarzpappel in der Greifswalder Falladastraße kam es in der letzten Nacht im Umland der Hansestadt offenbar zu zahlreichen Selbstentwurzelungen weiterer Bäume. Vor allem in den Küstenabschnitten zwischen Ludwigsburg und Loissin wiesen die Pflanzen mit ihrer Aktion darauf hin, dass es immer noch der Natur vorbehalten sei, die Lebensdauer eines Baumes zu bestimmen.
Stadtbildprägend: Schwarzpappel in der Greifswalder Falladastraße
Der circa 150 Jahre alte Baum war eines der prägenden natürlichen Elemente im Stadtbild Greifswalds und avancierte mit einem Stammumfang von 8,88 Metern zum zweitdicksten seiner Art in ganz Deutschland. Seit einigen Jahren wurde die Pappel in regelmäßigen Abständen begutachtet, in deren Ergebnis verschiedene Sicherungsmaßnahmen zu deren Erhalt veranlasst wurden. Eine für die Stadt sicherlich kostspielige, in den Augen der Bürger auch lohnende Ausgabe.
Dass nun dem seit einigen Jahren anhaltenden Kahlschlag von natürlich gewachsenen Lebensräumen im innerstädtischen Bereich eine weitere Episode hinzugefügt wurde, verwundert wenig. Vielmehr, so entsteht der Eindruck, erfährt das habitatfeindliche Agieren, das bereits in den Wallanlagen, am Karl-Marx-Platz oder am Mühlentor zu beobachten war, mit der rigorosen Kürzung der Schwarzpappel eine konsequente Fortsetzung.
Einfache Gleichung: Kürzung des Baumes = Kürzung der Ausgaben.
Gestern Vormittag nun setzten die Sägen an. Aufgrund eines im Januar erstellten Gutachtens, dass dem Baum das Erreichen seiner natürlichen Lebensdauer bescheinigte und ihm wegen der fehlenden Stammbruch- auch die Verkehrssicherheit absprach. Trotz der Meinung von Mitgliedern und Sachverständigen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, die durchaus Chancen sahen, große Teile der Krone zu retten und aus diesem Grund ein weiteres Gutachten nach modernen Untersuchungsmethoden empfahlen.
Simpler Objektwechsel: Schild "Naturdenkmal"
Mit Beginn der Sägearbeiten sah sich die ausführende Firma am gestrigen Donnerstag mit dem Widerstand von Anwohnern und Naturfreunden konfrontiert. Jene hatten noch versucht, das Vorhaben mittels
einer Einstweiligen Verfügung zu stoppen. Der Antrag jedoch wurde in der Unteren Naturschutzbehörde wegen Urlaubs des zuständigen Mitarbeiters nicht gelesen bzw., so die heutige offizielle
Stellungnahme aus dem Landkreis, war sie ohnehin falsch adressiert. Sie hätte an die Stadt selbst gesandt werden müssen, deren Gesandte vor Ort Sand in Augen und Ohren gehabt haben müssen.
Geschickt eingesägt. Letzten Endes war es der Polizei vorbehalten, die ungestörte Fortsetzung der Arbeiten zu gewährleisten.
Am Ende der Falladastraße steht nun der noch auf sechs Meter eingekürzte Torso eines der verbliebenen zehn Naturdenkmäler der Hansestadt Greifswald.
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Michael Gratz (2) und Robert Gabel (3 & 4)
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XY & Z (Freitag, 22 Februar 2019 12:37)
Schönes Gleichnis. Sehr gut zusammengefasst.