Greifswald (SPA): Am heutigen Morgen entdeckten Service-Mitarbeiter der Hansestadt Greifswald in einer der von ihnen betreuten Parkanlagen einen Graffito, der mit der herkömmlichen Graffiti-Kunst, die nicht selten die Grenzen der Sachbeschädigung überschreitet, wenig gemein hat. Eine spektrale Zuordnung der Malerei gestaltet sich trotz der Vielzahl von Fachleuten äußerst schwierig, so dass mittlerweile der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen und Brycke gebeten hat, sich an den Spekulationen zu beteiligen.
Wir arbeiten dabei strikt nach dem Ausschlussprinzip, dass dem sorbischen Ausschlussprinzippraktiker Juri Türzu entlehnt ist, der anno 1338 die Tür seiner Lehmhütte von außen zuschlug, während das innenliegende Türschloss durch den Türschlüssel belegt war und somit das Ausschlussprinzip zu einem Abschluss brachte.
Vorneweg: Sowohl eine links- als auch eine rechtsextreme Orientierung des Werkes sind auszuschließen. Gegen die linksextreme Ausrichtung sprechen die unterdimensionierte Größe des Graffito sowie das verwendete Farbmaterial, dessen Ursprung sich bereits durch eine einfache Sichtkontrolle als nicht aus einer Sprühflasche stammend definieren lässt. (Update: hinzugezogene Forensiker bestätigen keinerlei Nachweis von Schmauchspuren). Die Evaluation eines rechtsextremen Zusammenhangs verbietet sich primär aufgrund der Tatsache, dass der Graffito auch Stunden nach seinem Aufbringen überhaupt und noch in Gänze zu sehen ist. Auch die Verwendung von NS-Symbolik kann trotz eines persönlichen Fantasieguthabens von 188 nicht herausgelesen werden.
Das völlige Fehlen der Farbe Blau führt zu negativen Beurteilungen über eine vermutete Beteiligung AfD-naher Kleinkünstler. Ebenso abzuschreiben ist eine Aktion der Identitären Bewegung, da diese sich nie so wenig öffentlichkeitswirksam und zudem mit der kryptisch dargestellten Helianthus annuus auf ein Objekt gründen würde, das einen klar exonationalen Stammbaum besitzt. Die Verwendung des Symbols der GRÜNEN als Vollgraffito ist ein netter Versuch, Ermittler, Staatsschutz und uns auf eine bitterkalte Fährte zu locken. Das ist zu einfach und würde jeden Verschwörungstheoretiker arbeits- und visionslos machen.
Bleiben die militanten Veganer. Eine reizende Idee, falls unter Betracht gezogen wird, dass diese in unserem sonnenblumenbestandenen Bundesland bis dato nur im stockfinsteren und metzgerfreien Underground tätig sind und waren. Vielleicht ein paar Überläufer aus den nordrheinischen Ländereien? Wir haben uns damit intensiv beschäftigt – bis uns der Einfall zu einem Abstrich kam. Resultat: Kein militanter Veganer würde eine Farbe verwenden, die nach Kratz- und Windkontakt staubig ausfällt, um dann am Boden zu verharren, bis sie der nächste Regen biologisch uneinwandfrei in das Grundwasser spült.
Detailansicht: van Goghsches Element mit Tuschegnubbel
Die Ermittlungskette Alte Farbe – Sonnenanbeter – Heliotropismus – Herkunft führt uns sodann auf eine Spur, die es für den Staatsschutz intensiver nachzugehen gilt. Huitzilopochtli (sprich: huitzilopochtli) heißt der Sonnengott, dem die Azteken seit jeher huldigen und dem sie große und kleine Kunststücke opfern. Der (für uns) entscheidende Hinweis auf eine aztekische Herkunft des Graffito ist die Verwendung van Goghscher Elemente (Tuschegnubbel, siehe Detailansicht). Zudem soll auch Huitzilopochtli der Überlieferung nach etwas mit den Ohren haben.
Für prädestinierte Parteien inhaliert dieser Tatbestand genügend Potential für eine Kleine Anfrage bei der Schweriner Landesregierung. Als Bonusmaterial (tja, Zeitvertrag) haben wir bereits einen diesbezüglichen Fragenkatalog zusammengestellt.
Kleine Anfrage
1) Wie viele Azteken sind derzeit in Mecklenburg-Vorpommern gemeldet?
1a) Wie viele davon sind für eine Vorliebe für spontan angebrachte Kleinkunst bekannt?
1b) Können Azteken biologisch nicht abbaubare Farbprodukte käuflich erwerben bzw. haben sie Zugriff auf alte Bestände der NVA oder volkseigener Malereibetriebe, die dafür bekannt waren, dass sie vor allem mit den Farben Gelb, Grün, Orange, nie jedoch mit der Farbe Blau arbeiteten.
1c) Ist bekannt, ob Azteken vornehmlich Farben verwenden, die nach Abstrich und bei Windkontakt ausfallen und ins Grundwasser gespült werden könnten?
2) Ist mit dem Nachzug kleinkünstlerisch interessierter und auch anderer Azteken zu rechnen?
2a) Falls ja: Wann?
2b) Falls nein: Wann nicht?
3) Handelt es sich bei der beschmierten Bank um ein denkmalgeschütztes Sitzelement?
3a) Falls ja: Widerspricht das Anbringen von Graffiti dem Schutzgedanken, dem eine denkmalgeschützte Bank unterliegt?
3b) Wird angebrachte Graffiti an einer denkmalgeschützten Bank selbst und automatisch zu denkmalgeschützter Graffiti an einer denkmalgeschützten Bank?
3c) Oder kann das wieder weg?
4) Wird dem Sonnengott Huitzilopochtli auch im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gehuldigt?
4a) Wer huldigt?
4b) Wann wird gehuldigt?
4c) Wie wird gehuldigt?
4d) Warum wird gehuldigt?
4e) Können/Dürfen wir auch huldigen?
4f) Was hat Huitzilopochtli mit den Ohren?
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