Wie das kapitalistische System mittels Ticketpreisen zerstört wird

 

 

 

Greifswald (SPA): Mit Ticketpreisen ab 390 € aufwärts und einer konsequenten Bestuhlung mit höhen- und horizontalverstellbaren Relax- und Ohrensesseln beginnt die Greifswalder Folk-Rock-Band The Old Main Drag morgen damit, sich eine neue Zielgruppe zu erschließen: Superverdiener und Finanzkapital.

 

„Bei unseren Auftritten im letzten Jahr beschlich uns immer wieder das Gefühl, dass unser Publikum eine wenig zu groß ist“, nahm Bandmitglied Matthias Uecker Stellung. „Nun, so denke ich, legen wir unseren Fokus auf eine bislang vernachlässigte Nischengruppe, die sich von den neuen Ticketpreisen angesprochen fühlen und eine ordentliche Durchlüftung der Location gewährleisten wird."

 

Die Band, so erklärte der versierte Gitarrist und Sänger weiter, glaube, mit dieser Maßnahme einen geradlinigen Pfad im Kampf gegen soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit beschritten zu haben. Es sei wichtig, in der jetzigen Situation, gehetzt durch ein unsichtbares Virus und ausgebremst von Nachtragshaushalten, neben Kleinkunstschaffern, -machern und –anbietern auch die normalverdienenden sowie armen Menschen dieser Republik aus der Teilhabe und vom Kulturmarkt zu verdrängen. Bei ihrer morgigen Show (19 Uhr) im Greifswalder St. Spiritus sind die Plätze im weiten Auditorium somit honorigen Gästen aus der dünnen Welt der Superreichen vorbehalten, während sich Kleinbürgertum und Geringverdiener vor den heimischen Bildschirmen mit einem bei Facebook ausgestrahlten Live-Stream be- und vergnügen müssen.

„Wir sehen dies momentan als einzige Möglichkeit, unserer Basis ein Minimum ihres Vertrauens in unsere Arbeit zurückzugeben“, kommentierte mit Florian Piper ein weiteres Bandmitglied. „Ohnehin sind wir der Überzeugung, dass ein breites Publikum den gestrengen Auflagen zur Kleiderordnung (Anm.: Nadelstreifenanzug, Krawatte, Mundschutz aus Chinaseide) nicht genügen kann. Die exorbitanten Ticketpreise sind die Garantie, dass sich keine(r) der Max(i) Mustermänner einen Platz vor der Bühne leisten kann.“  

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