Kaffeemaschinentrauma

 

 

Greifswald (SPA): Immer mehr Arbeitgeber stellen ihren Mitarbeitern kostenlos Kaffee und entsprechende Zubereitungsmaschinen zur Verfügung. Kürzlich meldete sich in der Brycke-Beratungsstelle eine junge Frau, wo ein solch intensiv genutzter Automat in unmittelbarer Nähe installiert wurde. In einer Nische neben jenem Büro, in dem sie wohnt. Sie wies typische Symptome eines Kaffeemaschinentraumas auf: zerrieb Staubkrümel auf dem Tisch, gluckste leicht beim Sprechen, hatte Latte in den Augen, Crema im Haar und das Spurenelement Kalk auf den Zungenhaaren. Und bezeugte glaubhaft, dass sie nach unzähligen Versuchen nun einem gelassenen „Tür zu!“ kein „Bitte“ mehr voran- oder hinterhersetzen könne. Nach intensiven Reflexionsgesprächen empfahlen wir der Frau, diese Schwäche in der direkten Kommunikation durch gut einsehbare Aushänge auszugleichen. Ein seichter Ansatz im Sinne eines angenehmen Betriebsklimas – schließlich lassen Dauer des Mahl- und Durchlauferhitzungsvorgangs zu, sich mit dem Lesen eines Märchens und eines historischen Abrisses zu beschäftigen. Prädikat: Pädagogisch wertvoll.    

 

Das Märchen vom guten Geist und den drei Wünschen

Es war einmal vor vielen, vielen Jahren, es muss irgendwann zwischen den Erfindungen des Deo-Rollers und des rechteckigen Backbleches gewesen sein, als ein guter Geist in ein sorbisches Dorf kam, in dem genau 249 vollerschlossene Holzhütten standen. Überall auf der frisch asphaltierten Straße grüßten ihn die Menschen, ob groß, ob klein, sehr freundlich und so beschloss der gute Geist, der Kommune etwas Gutes zu tun.

 

Er erkundigte sich bei einem Mädchen nach dem Dorfältesten, fand den Weg, schüttelte einen reich verzierten Vorhang, der vor dem Eingang der prächtigsten Hütte hing und nun durch seinen Schattenwurf den Ältesten dieses Dorfes nach draußen lockte. Der gute Geist begann mit einem Kennenlernspiel, erläuterte, was er Erfreuliches an diesem Platz der Welt erlebt habe und überraschte den Ältesten mit der Offerte, dass dieser nun an drei Tagen jeweils einen Wunsch frei habe, der ihm aus dem Lamäng erfüllt werde. Sogleich ginge es los.

 

Der Älteste überlegte überhaupt nicht lange und rief mit inniger, ja beGeisteter Freude aus: „Kaffeemaschinen für Alle!“ Nun sah sich der gute Geist gezwungen, vorsichtig zu insistieren und die BeGeisterung ein wenig an die Zügel zu nehmen: „Für alle? Auch die Nachbarn? Vorsicht! Die Teile sind ein bissel laut.“ „Egal“, rief der durch nichts zu zügelnde Älteste.

 

Gewünscht, getan. Zehn Minuten später liefen die Kaffeemaschinen im Dorf und fortan 1440/24. Als der gute Geist am nächsten Tage in das Dorf kam, plagte in 189 der 249 vollerschlossenen Holzhütten mindestens irgendwen ein Tinnitus. Er schüttelte den reich verzierten Vorhang, sah den Dorfältesten, der sich sehr große, geschlossene JBL-Kopfhörer über die Ohren gezogen hatte und von ganz weit hinten rief: „Türen für Alle!“ „Ausstattung?“ „Mit Klinken.“

 

Gewünscht, getan. Alle, auch die Nachbarn von Nachbarn, besaßenen fortan Türen mit Klinken und nicht nur der gute Geist glaubte, dass das mit den Tinniti (veralteter Plural) nur eine totale Momentaufnahme sei.

 

Das glaubte der gute Geist noch bis zum nächsten Tag. Als der Allerälteste dieses freundlichen Dorfes ihm gegenübertrat, trug dieser nicht nur Kopfhörer über den Ohren, sondern hatte sich zusätzlich lange 3,85 Meter akustisches Isolationstuch gewickelt. Olfaktorisch neutral, stabilisierend um das Kinn. Links herum. 

 

Der gute Geist verkniff sich ein schelmisches Lachen und fragte stattdessen: „Nun, lieber Mann. Welcher ist dein dritter Wunsch?“ „Kannst du mir Menschen machen, die eine Tür mittels einer Klinke bedienen können? Zuerst bei den Nachbarn.“ „Oh“, sagte der Geist. „Soziale Kompetenz macht nur mein Kollege.“

 

 

Die Erfindung der Tür und deren Auswirkungen auf die moderne GEZ

 

Die Tür wurde durch den sorbischen Höhlenarchitekten Juri Türzu erfunden und kam um das Jahr 950 v.Chr. in der Nähe von Bautzen (Budysin) erstmals zur Anwendung.

 

Installiert, um den Menschen nicht lückenlos freundlich gesinnten Wesen wie z.B. dem Säbelzahntiger und dem Sorbischen Raubkänguru den Höhleneingang zu verwehren, erzielte die Erfindung sehr bald recht nette Synergieeffekte. So drangen Koch- und Gargeräusche fortan nicht mehr nach außen und in benachbarte Höhlen. Schutzbedürftigen und anderen Personen wurde die Teilhabe an in Privat- und Arbeitsgesprächen (persönliche oder telefonische Interaktion) vermittelten Informationen nicht mehr möglich. Damit trug das Bauelement den in der damaligen Zeit gestrengen Auflagen des Höhlendatenschutzes vollumfänglich Rechnung.                                            

                                                                               

Aber die Erfindung der Tür führte auch zur Absetzung des ersten bronzezeitlichen Straßenfegers. In der ersten „Wetten, dass …?“-Staffel, vom blondgelockten und in einen ledernen Lendenschurz gepressten Neander Gottschalk moderiert, wetteten die Kandidaten bis dahin darauf, neun von zehn ihrer Höhlennachbarn an den Verklappungsgeräuschen von Mülleimerdeckeln oder anderen Verschlusselementen erkennen zu können. Eine quasi todsichere Wette, die dem Bronzezeitfernsehen durch die Ausschüttung absurd hoher Prämien so viel Geld kostete, dass es bis heute vom Verbraucher in Form einer Gebühr zurückgeholt werden muss.   

                                            

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Kommentare: 3
  • #1

    Uli (Montag, 03 August 2020 13:39)

    Sehr viel genickt und herzhaft gelacht � Danke für diese Erfrischung �. Vor allem Türen knallen ��. Nur wenige Leute kennen den Zweck einer Klinke.

  • #2

    Brycke (Montag, 03 August 2020 18:20)

    Danke, Uli. Es ist ein wenig aus dem Leben gegriffen.

  • #3

    Sabiene (Donnerstag, 06 August 2020 15:45)

    Es gibt tatsächlich für jede Lösung ein Problem!

    LG
    Sabiene von www.sabienes-welt.de