Die Geschichte der Konversation in Norddeutschland


Greifswald (SPA): In den letzten Zügen liegen die Vorbereitungen für eine Ausstellung zur Geschichte der Konversation im norddeutschen Raum, die ab dem 13. September 2020 im Fachbereich Kommunikationswissenschaften der Universität Greifswald (Ernst-Lohmeyer-Platz 3) für den Besucherverkehr öffnet. Auf circa 40 Quadratmeter im Foyer und einem kleinen Areal im Außenbereich gestatten circa 100 Exponate wie Schnitzarbeiten, Gesprächsprotokolle oder rare Tonaufnahmen eine würdige Reminiszenz an Kommunikationspioniere zwischen Leer und Leopoldshagen nach dem Minimalprinzip.   

Als absoluter Höhepunkt, zudem mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit, wird vom Veranstalter die in Holz gearbeitete Nachstellung eines Küchengespräches angekündigt, das am 30. August 1927 in der Greifswalder Bahnhofstraße stattgefunden hat. Unter eidlicher Versicherung einer dritten Person gefielen sich damals die Nachbarinnen Helene Dettmars und Inga Peters in einem acht Minuten und 24 Sekunden andauernden Disput darüber, ob ein Norddeutscher Butterkuchen mit Mandelstiften (Leister Art) oder Walnussbröseln (Wampener Art) gebacken wird. Bis heute wird dieses Gespräch im norddeutschen Raum als das mit Abstand ausdauerndste geführt, wobei die Vorgaben eng gezogen sind: pro Person mindestens 16 Worte/Minute, keine Gesprächspausen über elf Sekunden. Interessanter- und logischerweise wird die Dettmers-Peters-Konservation auch in der Kategorie "Bilinguales Gespräch" als Rekord geführt, da sowohl die Dettmers als auch die Peters ihre Argumentation mit knackigen Slangbegriffen wie Dösbaddel, Tüdelbüdel, Glattsnacker oder Ziepeltriene unterstützten.

 

Das älteste Exponat stammt aus den Jahren 1618 bis 1624. In einem hervorragend erhaltenen, 134-seitigen, mit allerlei Skizzen versehenen, handgeschriebenen und im 19. Jahrhundert gebundenen Protokoll schildert das Ehepaar Gerold und Gertraude Meinke, wohnhaft in der Gemarkung Katzow, das sechs Jahre andauernde Aufklärungsgespräch mit ihrer bei Konversationsende 27jährigen Tochter Maria. Allein 47 Vogel- und 83 Insektenarten sind in den Katzower Protokollen aufgeführt - viele davon, wie der Teufelsgrottling, der Hexengeiger und der Satansschwänzer, gelten mittlerweile nicht nur im norddeutschen Raum als ausgestorben.

Das Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaften weist als Ausrichter der Veranstaltung darauf hin, dass unter den derzeitigen Hygienebestimmungen die Besucherzahl im Innenbereich auf 15 Personen begrenzt ist, für einen Rundgang allerdings höchstens zehn Minuten eingeplant werden sollten, sodass keine längeren Wartezeiten entstehen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Sabiene (Mittwoch, 26 August 2020 16:46)

    Das ist ja eine hochinteressante Sammlung! Wie gut, dass die Ausstellung nun doch noch in diesen Zeiten von Corona stattfinden kann.
    Und da heißt es immer, die Hesse babbele so viel ...

    Sabiene von Sabienes-Welt.de

  • #2

    Wally Schön (Mittwoch, 23 Dezember 2020 00:01)

    Ein vierhundert Jahre altes Exponat. Wie unappetitlich. Sicher ein Superspreader für alle möglichen Viren. Damals gab es ja noch nicht mal Desinfektionsmittel. Völlig verantwortungslos sowas auszustellen!