Greifswald (SPA): Acht KandidatInnen stellen sich der anstehenden Bürgermeisterwahl in Greifswald. Gestern nun habe ich in meinem Badeschaum, den ich zu diesem Anlass wunderschön zum Urkontinent Pangäa geformt hatte, gelesen: wem denn nun die besten Chancen auf diesen beliebten und kritisch beäugten Posten zuzurechnen seien. Und das Schaumorakel antwortete.
Pangäa teilte sich und ließ Gondwana mit sechs der BewerberInnen hinter meine Schulterblätter abdriften, wo sich die nun bewohnten Eiländer Madagaskar, Australien, Neuguinea usw. abspalteten und
dann im 38 Grad Celsius warmen Ozean auf Nimmerwiedersehen versanken. Ich sag mal, ohne Namen zu nennen: nette Initiative, aber das war´s.
Laurasia hingegen blieb stabil. Übersetzt: es wird ein Zweikampf. Herausforderin vs. Amtsinhaber. Das ist doch mal eine Ansage, liebes Orakel.
Die christlich-demokratische Kandidatin lief kürzlich zum Subotnik kernkompetendenziell und sich ablichten lassend durch die Hansestadt. Verteilte unter dem Slogan Saubere Stadt sowie den Vorwürfen an die diesbezüglich unzureichende
Arbeit des OB im Stile eines Arbeitgebers, der sich ein Anpacken nicht mehr leisten muss, kleine Snacks mit sehr viel Müll drumrum. Die Stringenz der politischen Altbackenen, die einst mit
Hilfe einer Fußmatte den Verlust ihrer jahrzehntelangen Domäne in
Greifswald zu verhindern suchten. Die Geschichte lehrt: hat nicht geklappt.
Sie hätte mich fragen können und ich hätte ihr für den Clip einen Soundtrack empfohlen. Wobei ich in erster Linie den Bandnamen passend finde. Schon die kreativen Brainstormer und politischen Ahnen von Frau T.
übten sich darin, Bürgermeister und seine links-grünen Schmierfinken für die angegeben visuell wahrnehmbare Verlodderung der Stadt in Haftung zu nehmen. Ab dem Tage, an dem dieser zugezogene
Historiker die Verwaltung aufnahm und die guten, alten, blitzesauberen Zeiten vorbei waren. Wie jene unter der Ägide König, als Helga Radke aus der Beimler 17, im Volksmund fortan "The
Tongue" genannt, im Schuhhagen ein fallengelassenes Vanilleeis mit der Zunge vom Belag kratzte und es, so unglaublich diese Geschichte auch klingen mag, tatsächlich superrein nach Vanille
schmeckte. So zumindest behauptet das bis heute The Tongue. Oder wie jene in der Ära von der Wense, der den Müllbehälter ja erst nach Greifswald brachte. Wir hatten ja nüscht. Außer paar
attraktive Häuschen am und um den Markt. Aber die ...
Das in den letzten Jahren medienomnipräsente und lokalpolitisch bedeutendste Oppositions- und Nordic-Walking-Pärchen Greifswalds führte beim Sport präventiv immer eine Kamera mit sich. Um die Schandflecken zu fotodokumentieren und diese Dschipäggs der Schande im Rahmen von Anklageschriften auf Social M zu veröffentlichen. Keine Ahnung, warum sich die beiden Helden der Aufklärung zerstritten haben. Eine Vermutung: es gelangte immer nur einer der beiden Ermittler aufs Bild. Passt, lebt doch diese Partei immer noch ein Leben vor dem Selbstauslöser. Und dieses Zerwürfnis hat uns Greifswaldern einen weiteren Bürgermeisterkanidaten beschert. Das war übrigens der auf Madagaskar.
Die entscheidende Frage bleibt doch: was wollen wir der Zukunft hinterlassen? Was sollen Archäologen, die in 15000 oder 200000 Jahren von einem sehr fernen Planeten kommend auf der Europakreuzung
landen, im Stadtgebiet von Greifswald ausbuddeln (wir gehen einfach mal davon aus, dass eine Zivilisation, die imstande ist, sich im Universum von A nach B zu bewegen, den Spaten bereits erfunden
hat)?
Fragen, die sich mit einem Blick in die Geschichte hypothetisch beantworten lassen.
Berühmte Archäologen wie Heinrich Schliemann oder Howard Carter holten eine Menge altes Zeug ans Tageslicht. Einwegbecher waren nicht dabei. Daraus ergeben sich für rational denkende Menschen
mehrere Szenarien:
1) der Einwegbecher war noch nicht erfunden
2) es gibt Epochen in der Menschheitsgeschichte, die alternative Trinkgefäße für den Konsum eines Latte Macchiato nutzten
3) es gab Mülleimer (allerdings fand weder Schliemann noch Carter welche)
3a) sie waren auch in Stoßzeiten wie verkaufsoffenen Sonntagen ausreichend vorhanden
3b) das zuständige Grünflächenamt war auf Zack (wobei bei einem Blick auf die Sahara arge Zweifel aufkommen)
3c) Max Mustertutanchamun verzichtete darauf, den Becher mit seinen völlig overdressed Schneeschuhen (Sonderangebot bei ALDI EGYPT) in den Wüstensand zu treten.
Undsoweiter
Spezialisten benötigten weit vor Enigma Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahre, um die in Hieroglyphen festgehaltenen Botschaften zu entschlüsseln. Höhlenmalereien gelten bis heute als bedeutendste
Zeugnisse der Menschheitsgeschichte. Sie werden bewundert, aufwändig restauriert, erfahren mehrfache Deutungen (auch wir haben uns diesem
Thema gewidmet). Die Höhlenmalerei war eine der wenigen Freizeitbeschäftigungen, die im harten Kampf um das kurze Überleben von den Höhlenbewohnern wahrgenommen werden konnte. Um der
Fantasie, der Kreativität freien Lauf zu lassen. Um sich vom harten Alltag zu entspannen und ein wenig runterzukommen.
Und heute? Keine Höhlen - keine Höhlenmalerei. Wohnungsübergabe in Frischweiß. Logisch, dass der moderne Mensch an die Fassade geht. Ob mit oder ohne Schablone. Ob gesprüht oder mit
Straßenkreide. Wollen wir wirklich blitzeblanke Hauswände überlassen? Mir bereitet doch die Vorstellung mehr Vergnügen, dass die Leute aus dem Raumschiff anno 73479 über solche
Buchstabenkombinationen wie ACAB oder AfdFCH grübeln.
Kommentar schreiben
Sabiene (Freitag, 29 April 2022 15:47)
Ganz schön zugemüllt bei! Ich dachte beim ersten Anschauen, dass die Fotos in Duisburg entstanden sind .
LG
Sabiene von www.sabienes-welt.de
Brycke (Samstag, 30 April 2022 22:00)
Hallo Sabiene,
die Fotos entstanden im Rahmen eines Schülerprojektes und die Leute mussten schon ein wenig danach suchen :)