Greifswald (SPA): Wie erst jetzt bekannt wurde, entdeckte bereits im Januar der Greifswalder Mobilitätsanthropologe Jürgen Klingel bei einem
Spaziergang durch die Stadt ein Ur-Fahr, das in der Forschung als Vorgänger des beliebten Fahrrads gilt. Vermutlich, so Klingel, ist es vor circa 5500 Jahren genau an dieser Stelle
abgestellt und nun durch einen rigorosen Grünschnitt aus seiner natürlichen Umklammerung befreit worden. Durch das charakteristische Fehlen von Vorder- sowie Hinterrad ist das
Fahr selbst für Laien leicht als solches zu bestimmen und stellte so auch für Professor Klingel keine nennenswerte Herausforderung dar. Trotzdem wird die Materialbeschaffenheit
des Fundes in der Fachwelt mittlerweile als absolut sensationell bezeichnet.
Nachdem wir uns im zweiten Teil dieser Geschichte mit den vielfältigen Reaktionen auf diesen Fund beschäftigten, wagen wir heute einen
historischen Blick auf die Erfindung des Rades und jene Entwicklungen, in deren Zuge das Fahr aus den Haushalten der Erdenbürger verschwand ...
Überall auf der Welt galt das Fahr bis in die Kernzeit des Jungneolithikums (etwa 3500 v.Chr.) neben den Füßen als das wichtigste Fortbewegungsmittel. Jägern und Sammlern diente es beim Jagen von Bären und beim Sammeln von Beeren als bevorzugtes Transportmittel über größere Distanzen, da es schwerer beladen werden konnte als der durch die Natur gestählte Mensch fußläufig zu tragen in der Lage war. Die Nutzung eines Fahr setzte verschiedene Kompetenzen voraus. Neben der Fähigkeit, die Gabel durch ruckartiges Anziehen an den Körper gleichzeitig in Fahrtrichtung wuchten zu können, waren vor allem außerordentliche Begabungen in den Bereichen Körperbeherrschung und Balance gefragt. Dabei machten sich die Nutzer die geomorphologischen Besonderheiten ihrer Umwelt zum Partner. Die überlieferte Faustregel "Je bergabber, desto fahr" wirkt ebenso überzeugend wie es wahrscheinlich ist, dass ein Bergauf kein Zuckerschlecken war. Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen forschen u.a. an der Universität Greifswald noch heute an Synergieeffekten, die das Fahr in der Entwicklung der Menschheit erzeugt hat. So sind Agrarhistoriker davon erzeugt, dass z.B. sowohl die pommersche Egge (etwa 4000 v.Chr.) als auch der Urpflug (3788 v.Chr.) klassische Innovationen sind, bei denen sich der jungneolithische Mensch vom Fahr inspirieren ließ.
Im bolivianischen Dschungel legten Ureinwohner einst diesen großen Stein ab, dessen Zeichnung bis heute Rätsel aufgibt. Um zwei parallel verlaufende Linien
(Siehe Pfeil) ranken sich über die Jahrhunderte wildeste Spekulationen, bei denen zuletzt jene favorisiert wurde, dass es sich um eine Landebahn Außerirdischer handelt. Der Greifswalder Fund
dürfte wieder jene Vermutungen befeuern, die von einer Test- oder gar Rennstrecke für das klassische Fahr ausgehen.
Dann erfand, lange nach Kurbel, Sattel, Klingel, Kette, ein Babylonier das Rad.
Die Nachricht vom Rad verbreitete sich wie ein Lauffeuer über die Erde, die damals noch die Gestalt einer flachen Scheibe aufwies. Ein riesige Armada von hochgezüchteten Brieftauben, organische
Vorläufer der Lufthansa, machte sich auf den Weg, erreichte Asien, Persien, dann Süd-, Mittel- und Nordeuropa. Selbst die Inselmenschen, die seit jeher mit ihrem Fahr die linke
Wegeseite nutzten, kamen in den Genuss der Neuigkeit. Von dort schwappte sie über den Großen Teich, wo schon damals, hinter den sieben Bergen, der föngewellteste aller Erdenherrscher herrschte,
der sie erst ignorierte und sich dann ein bisschen ärgerte, dass er, als Allwissender, nicht selbst darauf gekommen war. Weiter ging es nicht, denn sonst wäre die Information von der Scheibe
gefallen und wahrscheinlich in Vergessenheit geraten. Ohne das Rad mit eigenen Augen gesehen zu haben, spekulierten die Menschen über eine Züchtung aus einem Labor der chinesischen
Yangshao-Kultur oder gar darüber, dass sich eine sehr große Echse das Rad aus ihrem Panzer geschnitten habe. Und sie verkrochen sich in ihren Höhlen.
Aber zuerst schalteten die Lufthanseaten, die Jäger großer Bären und die Sammler großer Beeren in den Modus Panik. Dem Rad war es ja egal, auf was der irdische Wachstumswahn letztendlich beruht. Auf Konsum? Auf Krediten? Auf fossilen Rohstoffen, nach denen damals nur geschürft und noch nicht gegraben wurde? Oder gar auf allem? Diese Panik, dieser prophezeite Zusammenbruch, setzte ein Geschehen in Gang, das für das Jungneolithikum ein Novum und eine logistische Meisterleistung darstellte, in der heutigen Zeit in seiner irrwitzigen Gänze allerdings undenkbar wäre. Absolut undenkbar! Damals allerdings, als der Markt noch regelte, sprangen die vollanalog arbeitenden Finanzinstitute in die Bresche und unterstützten mit milliarden Milliarden SM (Scheibenmark) die brachliegenden Konsortien des auf dem Papier vorindustriellen Zeitalters. Heute wird von BMW oder DER Touristik oder Lufthansa verlangt, dass sie auf Dividendenzahlungen verzichten und Kurzarbeiterzahlungen für ihre Angestellten aus ihren Rücklagen vornehmen. Klingt logisch, macht ja jeder Hartzer oder ALG2-Empfänger ebenso. Ätschebätschesmiley.
Der Höhlenkoller nahte nach wenigen Wochen. Die Menschen mussten endlich raus, obwohl sie immer raus durften. Nun, da sie das Rad immer noch nicht sahen, leugneten sie seine Existenz. Unter der Devise "Nur mit Fahr gates auch" beschworen sie imaginäre Radpflicht und fantastische Radnachweise herauf. Zum Sündenbock der neuen Bewegung erklärten sie den Bewohner der Höhle 666 in Buddenhagen. Ein unscheinbarer Typ, der durch die Installation von glatten Höhlenwänden und Equipment, um diese vielfarbig zu bemalen, zu einem recht ordentlichen Reichtum gelangt war. Dabei hätte er, der 80 Prozent der terristischen Höhlenwände entwickelte, produzierte und verteilte, diese nur abschalten müssen und jeder Hobbyhöhlenmaler dieser Welt hätte ziemlich bedröppelt auf kaltes Gestein geguckt. Selbst die totale Ablehnung von Radnachweisen mittels sogenannter Tracking-Dornen erscheint aus heutiger Sicht völlig irrwitzig, war doch quasi jeder Homo Sapiens socialmediensis mit einem kleinen flachen Gerät ausgestattet, mit dessen Hilfe er sich gut und gerne über den Verlauf der nächsten Regenzeit informieren konnte, das in seinem Inneren jedoch Dinge verbarg, die sich keiner so recht vorstellen wollte. Dabei gaukelte der angebissene Apfel auf vielen Geräten den Usern das pure Paradies vor. Solche Widersprüche wären in der heutigen Zeit, mit dieser aufgeklärten Bevölkerung, garantiert undenkbar.
Wie die Menschen, immer noch radlos im Auge, dazu übergingen, Solidarität für ihre Belange einzufordern, während sie Fürsorge und Solidarität für die sie umgebende Gemeinschaft ablehnten, legten
sie den Fokus auf die Grundrechte, wie sie je nach Region und beispielsweise hier im Nordosten Germaniens in der Charta Brimborium
Pommerensis festgelegt waren: Würde, Privatsphäre, Versammlungen, Meinungen, Freiheiten und das ganze Gedöns. Eine Meute Depechen- und Beobachtungstauben, gehüllt in lange
Lodenmäntel, den Schopf versteckt unter tief sitzenden Hüten, gesellte sich hinzu und rieb sich die Krallen. Wie sie es immer taten, wenn sie bemerkten, dass das zehnte Gebot (auch: der zehnte Artikel) nicht zur Disposition stand, mit dem sie im Laufe der letzten Jahre mit ebendiesen Krallen alles herausgekratzt hatten, das dort
ursprünglich mal drinstand. So etwas zu übersehen, ist in der heutigen Zeit, mit dieser irren Informationsflut und der kognitiven Gabe, diese zu verarbeiten, kein bisschen vorstellbar.
Erst als die jungneolitischen Menschen das Rad akzeptierten, als sie realisierten, dass es sich besser mit Rad als GEGEN leben ließe, widmeten sie sich wieder mit Hingabe den wichtigen Dingen: Jagen, Sammeln, Radfahren, Höhlenwandbemalen. Einige wenige diskutierten, wie es denn mit dem Rad und dem Drumrum weiterginge. Im Finanzwesen. Im Gesundheitswesen. Im Bildungswesen. Im Lebenwesen. In all den Wesens, die der andere Mensch unter uns für den Menschen unter uns geschaffen hat. Im Buchungswesen wird das Fahrrad seit dem gefühlten Jungneolithikum auf der Aktiv-, der Mensch auf der Passivseite geführt. Immer noch. Ausgaben! Kosten! Unvorstellbar, dass darüber diskutiert wird.
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