Greifswald (SPA): Am 28. Oktober ist es wie in jedem Jahr soweit. Während überall auf der Welt kleine und große Kinder beginnen, die Schneeschuhe für den Nikolaus zu putzen, wird Helga Radtke, pensionierte Lehrerin aus der Greifswalder Fettenvorstadt, die Musikanlage aus dem Schuppen holen, diese entstauben, sich ein paar weiße Handschuhe anziehen, eine, ihre einzige, 60er ORWO-Kassette in das Kassettenfach schieben und die Play-Taste betätigen. Dann wird sie "Last Christmas" von Wham! hören. Bis weit in den Januar.
Greifswald (SPA): Auf der steten Suche nach Retro-Erlebnissen wagen sich die Hipster der Groß- und Mittelstädte zunehmend aufs weite Land. Bauern aus der Greifswalder Umgebung berichten von bärtigen, eigenartig gekleideten Männern, die sich in einen 312er Wartburg quetschen und dann mit ihren New-Balance-Turnschuhen in den Ställen auftauchen, um Eier zu sammeln, Schweine zu füttern oder ein paar Euter zwischen die Finger zu bekommen. Die Preise für solche Dienstleistungen schossen in den letzten Monaten auf 80€/Person in die Höhe. Die Landwirte lehnen sich zurück, bis die Arbeit erledigt ist und viele unter ihnen sind begierig darauf, von dieser neuen Einnahmequelle zu profitieren. Das Angebot wird vielfälter und angepasst. Beispielsweise gehört es mittlerweile zum Standard, dass die Ställe mit Musik von Arcade Fire oder Primus beschallt werden.
Greifswald (SPA): Freitagmittag. Feierabend und ich schwinge mich aufs Rad, als das Telefon klingelt. Unbekannte Nummer. "Hallo, Herr Brycke. Fein, dass ich sie
erreiche. Degrassi hier. Die Katharina von der OZ. Wir sind alle mit dem Ticket unterwegs. Hautnah. Investigativ. Unter Menschen. In vollen Zügen. Wir alle ... OZ, GTV, Radio 98eins, NDR,
Apotheken-Rundschau, BILD, Freie Erde, Frösi. Wir haben einen Anruf aus dem DB-Service-Center am Bahnhof Greifswald. Dort ist ein Punk gestrandet. Übernehmen Sie das? Bericht per Mail.
Danke." Und aufgelegt.
Greifswald (SPA): Es ist Spaziermontag in der Hansestadt. Andreone hebt sich aus der Couch. Und tut es auch. Spazieren. Zum Marktplatz auf den Marktplatz. Plandemie
dort, Pandemie da. 800 Menschen. Zwei Zaunreihen, die trennen und mittendrin ein Fotograf. Symbolfoto. Drei Stunden später wird es heißen:
Gespaltene Stadt.
Greifswald: Um der nicht so zahlungskräftigen Jugend aus den umliegenden Gemeinden eine aktive Teilhabe am kulturellen Leben Greifswalds zu ermöglichen, hat sich die Hanse- und Universitätsstadt entschlossen, für die Fahrstühle am Bahnhof eine Mehrfachnutzung zu ermöglichen. Durch den simplen Zusatz "Bed &" dürfen diese nun offiziell das Label "Bed & Fall or Hub" führen.
Flaggen und Vögel: Kneipenquiz im Exil
Greifswald (SPA): Schon beim Ablegen meiner Jacke entzaubert mich Arni: „Sportquiz? Heute ist Audiovision. Sport ist erst in vier Wochen.“ „Na toll.“, sag ich. „Habe alle Europameisterinnen der Rhythmischen Sportgymnastik seit 1870 intus. Keule und Band. Kostete mich eine Mittagspause.“ Ich bestelle ein Jever und bitte die zuständige Hirnregion, alle Namen mit den Endungen ova und ina für vier Wochen ins brainale Exil zu schieben. Derweil kündigt Longus Maximus, seines Zeichens Quizmaster in dieser Location, die erste Visuell-Kategorie an: Flaggen unbekannter Länder.
Greifswald(SPA): Als erste Kommune Deutschlands untersagt die Hanse- und Universitätsstadt Greifswald das gemeinsame Tragen von Sandalen und Socken. Damit bricht die Bürgerschaft mit einer Jahrzehnte alten Tradition und stürzt die vornehmliche Zielgruppe dieses bahnbrechenden Beschlusses in einen schockähnlichen Zustand.
Greifswald (SPA): Vorpommern gelten als einfache, bisweilen mürrische Menschen, die alltagsfreundliche Kleidung tragen und Zigaretten aus Polen schmuggeln. Diese
Charakterisierung ist allerdings irreführend, da es unter den Vorpommern große Unterschiede gibt. Der folgende, praktische Leitfaden soll Ihnen helfen festzustellen, ob Sie ein heidnischer,
konservativer oder irgendetwas Dazwischenvorpommer sind.
Greifswald (SPA): Eine brandneue Studie der Universität Greifswald hat ergeben, dass schockierende 94 Prozent der vorpommerschen Kinder und Jugendlichen die Dancemoves zu Liedgut wie „Oh, du fröhliche“ oder „Ihr Kinderlein, kommet“ nicht vollführen können.
Heavy Rotation im Hause Caffier: "Sturm & Dreck" von Feine Sahne Fischfilet
Greifswald/Schwerin (SPA): Hatte Lorenz Caffier, seit 2006 Innenminister Mecklenburg/Vorpommerns, in der Vergangenheit so einige Skandälchen schadlos überstanden (Bau eines Ferienhauses in einem geschützten Uferbereich, Kauf einer Waffe über das "Nordkreuz"-Netzwerk), dürfte ihn ein neuerlicher Vorfall endgültig zu Fall bringen. Trotz tagelangen Schweigens zu diesbezüglichen Anfragen räumte Caffier am gestrigen Abend ein, im Jahr 2019 bei einem Plattendealer in Greifswald einen Tonträger der Band Feine Sahne Fischfilet erworben zu haben.
Greifswald (SPA): Am 28. Oktober ist es wie in jedem Jahr soweit. Helga Radtke, pensionierte Lehrerin aus der Greifswalder Fettenvorstadt, wird die Musikanlage aus dem Schuppen holen, diese entstauben, sich ein paar weiße Handschuhe anziehen, eine, ihre einzige, 60er ORWO-Kassette in das Kassettenfach schieben und die Play-Taste betätigen. Dann wird sie "Last Christmas" von Wham! hören. Bis Mitte Januar.
Greifswald (SPA):
"Du hast einen Löffel auf dem rechten Auge."
"Nein, dieser Löffel liegt auf meinem linken Auge."
"Aus meiner Sicht aber ist es dein rechtes Auge."
"Wen interessiert deine Sicht, wenn der Löffel nachweislich auf meinem linken Auge liegt?"
"Na dann halte doch den Löffel mal über dein linkes Auge."
Greifswald (SPA): In den letzten Zügen liegen die Vorbereitungen für eine Ausstellung zur Geschichte der Konversation im norddeutschen Raum, die ab dem
13. September 2020 im Fachbereich Kommunikationswissenschaften der Universität Greifswald (Ernst-Lohmeyer-Platz 3) für den Besucherverkehr öffnet. Auf circa 40 Quadratmeter im Foyer und einem
kleinen Areal im Außenbereich gestatten circa 100 Exponate wie Schnitzarbeiten, Gesprächsprotokolle oder rare Tonaufnahmen eine würdige Reminiszenz an Kommunikationspioniere zwischen Leer und
Leopoldshagen nach dem Minimalprinzip.
Greifswald (SPA): Mit einer schlichten, auf Twitter verschickten Initiativbewerbung hat es der Greifswalder Gangsta-Rapper Andrew 49 Cent auf die Liste der Unterstützer des amtierenden US-Präsidenten geschafft. Nachdem sich der nur wenig bekanntere Barde Kayne West vor einigen Wochen als Gegenkandidat aufstellte, befürchtete Donald Trump innerhalb der amerikanischen Rapper-Community an Glaubwürdigkeit und Stimmen zu verlieren. Nun hofft der Präsident, die entstandene Lücke mit einem Künstler aus Deutschland schließen zu können.
Greifswald (SPA): Krisenzeiten sind seit jeher auch Zeiten, in denen Sprachen starken und nachhaltigen Veränderungen unterworfen sind. In Zusammenarbeit mit der in Greifswald ansässigen Society für Deutschsprach (SfD) haben wir uns auf der für Sterbliche sichtbaren Welt umgesehen und interessante Begriffe aquiriert, denen wir enorme Chancen einräumen, in das nächste Standardwerk zur deutschen Rechtschreibung aufgenommen zu werden.
Greifswald (SPA): Laut einer weltweiten Studie hielten noch anno 2019 32 von 100 Befragten das Rad für die wichtigste Erfindung der Menschheit. Damit vereinigt es die mit großem Abstand meisten Stimmen auf sich - trotz der ruhmreichen Konkurrenz bahnbrechender Innovationen wie dem Grammophon, dem Lockenwickler, der Bassgitarre, dem 13er Maulschlüssel, dem Heuhaufen oder dem Demonstrationsrecht (Liste unvollständig). Seit der sensationellen Entdeckung eines radlosen, jungneolithischen Fahr durch den Mobilitätsanthropologen Jürgen Klingel auf dem Greifswalder Stadtgebiet (wir werden demnächst in Teil 1 berichten sollen müssen tun) tobt seit Frühlingsbeginn eine Meinungsoffensive in den sozialen Netzwerken, die sich seit einigen Wochen mehr und mehr auf deutsche Straßen und Marktplätze verlagert. Die Diskussion um ratlose Legislativen und radlose Alternativen rollt, dreht, staucht, schleift, stutzt sich keinem Zielband und keiner Deadline entgegen. Wir stürzten in die Vielfalt und haben uns umgehört ...
Greifswald (SPA): Mit Ticketpreisen ab 390 € aufwärts und einer konsequenten Bestuhlung mit höhen- und horizontalverstellbaren Relax- und Ohrensesseln beginnt die Greifswalder Folk-Rock-Band The Old Main Drag morgen damit, sich eine neue Zielgruppe zu erschließen: Superverdiener und Finanzkapital.
Greifswald (SPA): Anlässlich eines kurzfristig anberaumten Balkonkonzerts trat am Mittwoch ein etwa 64-jähriger Mann auf seine Loggia in der Greifswalder Löfflerstraße (später stieg er noch hinab auf die Straße und spielte eine umjubelte Zugabe) und intonierte mit seinem Streichinstrument das allseits bekannte "Pommernlied". Das Besondere: Das Musikgerät, mit dem der Künstler die eingängige Melodie anstimmte, war eine Geitsche - das in Vergessenheit geratene Nationalinstrument der Pommern.
Greifswald (SPA): Im Zuge der täglich novellierten Maßnahmen des Bundes und der Landesregierungen zur Eindämmung der Corona-Epidemie trafen sich nun auch die höchsten katholischen Würdenträger des Landes zu einer Videokonferenz. Zumindest für den Zeitraum bis zum 19. April sollen die dort getroffenen Entscheidungen das quarantänebeengte Leben von Menschen dieser Konfession erleichtern.
Greifswald (SPA): Nach jahrzehntelangem Dornröschen-Schlaf feiert ein uralter pommerscher Brauch eine sagenhafte und bemerkenswerte Wiedergeburt. In den Hinterhöfen und Gartenanlagen Greifswalds und seiner Umgebung widmen sich immer mehr Menschen den überlieferten Zeremonien des Wurstorakels.
Greifswald (SPA): Zwei Titel aus der Konserve sind gespielt, als kurz nach 15 Uhr vier Abgeordnete des örtlichen Kulturrates am Technikpavillon erscheinen und
nachfragen: "Stimmt es wirklich, dass ihr keine Schlager spielt?".
"Die Information ist richtig", sage ich und schiebe, nachdem einige Namen hinters Pult purzeln, von denen ich DJ Ötzi zumindest schon mal gehört habe, noch ein "sorry, hab ich auch
nicht" hinterher. Es folgt noch ein einziger schüchterner Einspruch - bevor ich jedoch beim Absender die Überlegung anregen kann, warum eine Festplatte FESTplatte heißt, sind die Gesandten
schon in Richtung der Zapfhähne abgedreht. Und somit ist es fix ... es läuft das auf deutschem Boden erste schlagerfreie Dorffest seit der Bronzezeit. In Neu Boltenhagen.
Greifswald (SPA): Unseren Lesern in Irland, Sachsen, Australien oder anderswo eine einleitende Erklärung: "Was Greifswald bewegt" ist eine Facebook-Gruppe. Sie gilt als Hort antifaschistisch, demokratisch, humanistisch, gesamtheitlich und zukunftsorientiert denkender Menschen, die sich zum Zwecke der Administration eine externe Fachkraft von der anderen Seite des deutschen Globus bestellt haben. Denn Ostfriesen wissen, was Greifswalder bewegt. Die Meinungsfreiheit der Bewegten läuft gegen den Mainstream auf einem Mainstream und Kreuzungen sind abgeschafft. Freie Verbalfahrt für freie Bürger.
Spezifik und Symbolik: Grüne Bundjacke mit Fish Angels-Schriftzug. Darunter ein Hecht, regionaler Inbegriff eines räuberischen Fisches. Auf beiden Ärmeln hochwertige Stickereien von vier Hornfischen beim Schwanz(flossen)vergleich.
Greifswald (SPA): Seine Hand beschreibt einen weiten Bogen über den Ryck. Hinüber zum Zentrum Greifswalds. „Barschidos!“, sagt er. Dann mit festem Blick: „Feindgebiet“.
Greifswald (SPA): Am gestrigen Dienstagvormittag besetzten zwei Personen eine sanitäre Universitätsstätte, um nach einem einleitenden gemeinsamen Sit-In synchron den Harn in zwei benachbarten Pissoirs abzuschlagen. Fotografisch festgehalten wurde die Aktion durch einen Touristen aus Grevenbroich (Niederrhein), der zuvor vom Pärchen in der Domstraße aufgegriffen und zu Dokumentationszwecken an den Tatort verschleppt wurde.
Greifswald (SPA): Nur wenige Tage nach dem Durchwinken der EU-Urheberrechtsreform haben erste Greifswalder Wohnungseigentümer mit der freiwilligen Installation von Upload-Filteranlagen begonnen. Damit kommen sie einer verpflichtenden und vermutlich kostenintensiven Variante zuvor, deren Verabschiedung durch das europäische Parlament im Oktober 2019 erwartet wird.